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Eine runde um den See
Das ist eine „kleine“ Runde um die Ostsee. Praktischerweise wird in der Ozeanografie der Bottnische und Finnische Meerbusen nicht zur „eigentlichen“ Ostsee gezählt ebenso ist das Stück oberhalb von Dänemark zur Nordsee hin der Kattegat. Dank dieser Definition kann ich also trotzdem behaupten die komplette Ostsee umrundet zu haben.
Diese Runde hat sich aus den Ideen entwickelt nochmal zum Nordkapp auf andere Route zu fahren, aber irgendwie fühlt es sich noch zu früh dafür an. Das dann kombiniert mit dem Wunsch endlich mal die Vorurteile zu überwinden (Ihr wisst, welche ich meine) und mal nach Osten zu fahren. Zuletzt haben mich die letzten 2 Jahre von Vorteil von Rundtourn überzeugt, also der fehlende Stress die Rückreise Option möglichst genau zu erwischen.
Route
Gefahrene Strecke bei OSM, wie üblich einige kleine Schnitzer korrigiert und GPS Problem nachträglich eingepflegt. Die Punkt wurden alle 60 Sekunden erfasst. Die Landschaft ist größtenteils Flach mit ein paar Hügel bis maximal 200 Meter. Deshalb lohnt sich ein Höhenprofil nicht.
Es ist zwar eine Runde um viel Wasser – aber keine Küstentour (Dafür gibt's die Eurovelo 10). Da die Ostsee nun mal nicht wirklich rund ist, führt das dazu das die Strecke im Grunde nur sehr wenig wirklich am Wasser verläuft. Tatsächlich sind es 1300 km bis zum ersten Meerblick. Dies liegt aber hauptsächlich daran das ich mich, nach einiger Überlegung, gegen die Strecke über Kaliningrad entschieden hat. Diese ist zwar etwas kürzer und enthält die interessante Kurische Nehrung, aber der Aufwand für das Visum (siehe z.b. diese Anleitung) ist mir einfach zu viel. Am problematischsten für mich finde ich die nötige Angabe der exakten Reisezeit (zumindest verstehe ich es so).
Gleich von Anfang stand für mich fest nicht über St. Petersburg zu fahren. Neben dem Visum Problem würde dort auch noch der berüchtigte russische Straßenverkehr hinzukommen da hauptsächlich Hauptstraßen dabei wären. Zudem ist St. Petersburg mit fast 5 Millionen Einwohner auch nicht gerade klein.
Stattdessen wollte ich zunächst den Bottnischen Meerbusen mit umfahren, also Schweden auf dem Landweg erreichen – hier macht die Streckenlänge der Idee aber ganz schnell den gar aus (gut 1.500 km mehr). Angesicht der vielen Waldbrände in Schweden diesem Jahr gerade in dem nördlichen Bereich ein doppelt gute Entscheidung.
Mit diesen Eckdaten und dem Planung einer möglichst kurzen Route ergibt sich der Verlauf dann im Prinzip automatisch. Besonderheiten sind dabei:
- In Polen bietet sich teilweise der Europaradweg R1 sowie die Green Velo an.
- Die westliche „Ausbuchtung“ in Litauen ist nötig, weil es einfach kaum Brücken über die Memel gibt.
- Die westliche „Ausbuchtung“ in Lettland dient der Vermeidung einer Stark befahren aber nur 2 spurigen und vermutlich schlechten Hauptroute nach Riga.
- Da das Schärenmeer aus vielen Insel besteht sind logischerweise etliche Fähren zu nehmen. Diese verkehren im schlimmsten Fall nur 3x am Tag. Das führte bei mir zu einem Zwangs Ruhetag, da Anschlüsse für Autofahrer optimiert sind. Es ist also bei der nördlichen (vermutlich bei der anderen auch) mit Wartezeiten von 4 bis 6 Stunden zu rechnen. Es wäre also besser sich zu bemühen den ersten Teil der Fähre schon am Abend zuvor zu erledigen, auf der Insel zu übernachten und dann gleich die erste Fähre am morgen zu erwischen. Leider war ich nicht so schlau.
- Das Fähren-Problem setzt sich von Åland nach Schweden entsprechend fort. Ich habe mich hier für die Fähre von Berghammn nach Grieselhamm (statt der vielen Varianten nach Stockholm) entschieden, da diese Kombination die kürze stete Fährstrecke hat. Sprich weniger Distanz, die nicht aus eigener Kraft überwunden wurde.
- Am Vättersee trifft die Route für etwa 200km auf die Nordkapp-Strecke nur eben im umgedrehter Richtung.
- Ab Dänemark bis Kiel entspricht die Route beinah der Kopenhagen-Runde, wiederum in umgedrehter Richtung. Hinter Kiel hat der Routen planer inzwischen eine kürzere Kombination gefunden.
Obwohl die Fjorde in Schweden sich auch extrem weit ins Landesinnere ziehen bemerkt man dies doch irgendwie nur auf der Karte. Beim Fahren fühlt es sich mehr wie ein See an.
Bericht
Naja, soviel hab ich nicht zu sagen diese Jahr sofern ich mich nicht über den Wind beschweren will. Daher nur ein paar Notizen nach Ländern sortiert.Polen
Der Übergang nach Polen fällt kaum auf die Dörfer sehen weiter aus wie Brandenburg, aber das ist ja auch logisch mit der Preußischen Vergangenheit. Anders sind aber die vielen kleinen Dorf Läden. Erkennbar an dem Wort „Sklep“ - Geschäft. Diese haben sogar Teils Sonntags geöffnet – die typischen Supermärkte ja sowieso. Ganz anders als in Deutschland sind aber die zahlreichen Freileitungen – identisch zu Brandenburg sind aber wiederum die zahlreichen Straßen in miserablen Zustand. Nur das sie manchmal noch etwas schlimmer werden und in extrem fällen nur noch Sandwege sind.
In den Masuren (meist dort wo die Green Velo nicht verläuft) find sich dann extreme bucklige Straßen. Quasi Schlaglöcher die gelegentlich mal ein Stück Straße aufweisen. Die Green Velo selbst ist höchst unterschiedlich: Entlang von Hauptstraße sehr schöne Radwege, dann einige Nebenstraßen und abseits von Straßen raue Schotterpisten. Letztere sind ziemlich nervig, positiv hingegen die häufigen Stationen mit Bänken und manchmal auch mit Dixi-Klo.
Die 3 besuchten Zeltplätze waren sehr rustikal dafür aber auch günstig. Der erste so nebenbei von eim Hotel. Am 2ten Tag war es wirklich nur eine Wiese – Dixiklo und Waschbecken auf freiem Feld und, ja wirklich, eine Dixi-Dusche. Der dritte befand sich gerade im Umbau. Daher gab es zwar noch eine „Rezeption“ aber kein fließend Wasser mehr. Im Gegenzug war es dann aber auch kostenlos.
Was in Polen außerdem auffällt ist das mehr Menschen - auch im ländlichen Bereich - mit Rad für ihre täglichen Erledigungen Unterwegs sind.
Dreiländereck Polen-Russland-Litauen
Die Vermeidung Russland bringt einen in die kälteste Region Polens (war sie für diese Tour auch) und zum Dreiländereck. Hier wird deutlich was wir am Schengen-Raum eigentlich haben (insbesondere als Radfahrer). Sogar das Fotografieren des russischen Staatsgebietes ist verboten. Erstaunlich das die Russen überhaupt der Säule zugestimmt haben.
Baltikum
Die Befürchtung das noch weiter Östlich die Straßen noch schlechter werden hat sich nicht bestätigt. Bis auf etwas Schotter und ca. 50 km alte Straße in Lettland waren die wunderbar! In Litauen war ein Stück sogar gerade zu perfekt- feinster Asphalt absolute gerade und eben. Dank Neubau mit EU-Fördergeld.
Das in größeren Städten der Radverkehr auf irgendwelchem schmalen und holprigen Radwegen geleitet wird ist definitiv kein exklusives Merkmal der Region. In Riga und Tallinn waren es auf den Hauptstrecken hingegen sehr schöne Radwege.
Die 2 Zeltplätze waren sehr schön, etwas problematisch nur das wenig verbreite Englisch. Auch die gelegentlich geäußerte Befürchtung vor dem Trinkwasser aus der Leitung konnte ich (rein optisch) nicht nachvollziehen.
Litauen und Estland haben ein Pfandsystem mit Pfandautomaten ähnlich wie bei uns – nur das die Pfandautomaten irgendwo ganz am anderen Ende des Geländes versteckt werden. Und noch ein Unterschied die Läden: Meinem Gefühl nach hatten alle Geschäfte eine große Auswahl von 1-Portion-Speiseeis. Das ganze sogar typischerweise nicht am Stiel, sondern in der Waffel – selbst dieser eine Mini-Laden hatte gefühlt 1/3 seine Fläche mit Eistruhen voll gestellt.
Hunde, freilaufend: Ja gibt es. Aber eher selten die meisten in Litauen. Die echten Straßenhunde (so weit ich das sehen kann) bleiben aber einfach ruhig nur 2 bis 3 Haushunde ohne Zaun sind mir kurz bellend nachgelaufen.
Fahr fahrn auf der Autobahn!
Vor Riga verwendet die Route ein Stück die A8. Ein Umweg hätte hier nochmal etliche Kilometer mehr bedeutet und die A8 ist an dieser Stelle 4 spurig ausgebaut – verwendet aber normale Kreuzungen statt Ausfahrten. Da ich mit Google-Streetview vorher schon die ordentlichen Standstreifen gesehen hatte, habe ich mich dafür entschieden. Dies hat mich nur in der Meinung bestärkt das dies, wegen dem Standstreifen, sehr viel sicherer ist als einen normale 2 spurige Hauptstraße. Ganz logisch: denn die Autos/LKWs brauchen nicht zu überholen, sondern können vorbeifahren – so ist es für den Radfahrer lediglich etwas lauter. Wann macht eine Partei endlich mal ernst mit ökologischer Verkehrswende und erlaubt das auch bei uns?
Finnland
Die Überfahrt habe ich mit der Nachtfähre gemacht, weil es sich gut ergab. Das bedeutet das die Fähre von 00:30 bis 6:00 als schwimmendes Hotel in Helsinki vor Anker liegt. Finnland selbst steht im starken Gegensatz zum Rest der Tour: sehr hüglig und den ganzen Tag Regen. Wie oben schon erwähnt habe ich als Ausgleich für die gute Helsinki Verbindung die Fähren im Schärengarten verbockt. Wäre ich an dem Tag vorher nur 10 km mehr gefahren hätte ich die Nacht zwischen den 2 Fährstrecken schlafen können.
Dafür habe war ich auf einem (teuren) Zeltplatz der eine 24h Rezeption hat! Wer hätte gedacht das es sowas gibt.
Schweden
Zum Glück keine Waldbrandregion trotzdem heiß, heiß, heiß! Typisch Schweden halt: lange Distanzen breite Straßen und gewaltige Supermärkte. Stockholm hinterlässt für mich, als Radfahrer, einen überragend positiven Eindruck. Einzig das aufgrund der großzügigen Bauweise auch alle Wege inkl. dem auf die andere Straßenseite sehr weit werden. Bei Umleitung für Baustellen finden sich dann aber doch noch Haare in der Suppe.
Merkwürdig ist das Verhalten der Campingplätze die einen zählenden Kunden wegen dem bestehen auf CampingCard wegschicken - in einem Land wo ich überall Zelten darf. Versteh ich nicht, daher habe ich letzteres getan, auch wenn mir ein echtes Klo natürlich lieber gewesen wäre.
Der Plan parallel zur E4 zu fahren ging voll auf – quasi kein Verkehr.
Dänemark
Heiß heißer am heißesten. So ein Werbethermometer zeigte 41 Grad. Der klumpen am Reifen wirkte verdächtig wie Asphalt. Sonst noch was? Ach ja Kreditkarte verlieren in einer Gegend wo man selbst das Bahnhofsklo nur so bezahlen kann ist nicht gut.
Dänemark bringt nach Lettland auch erstmals wieder Schlaglöcher in den Straßen.
Zeltplatz war überraschend günstig im Verhältnis zu sonstigen Preisen.
Deutschland
Kaum zurück fällt gleich die miese Radwegführung auf. Von einem Besuch in Plön, Schleswig-Holstein, kann ich daher nur abraten! Zudem machen die Zeltplätze schon um 17:00 die Rezeption zu (bei den anderen war das nie ein Problem um 19-21 Uhr und dann auch noch das 24h ding in Finnland…).
Also ob die ganze Hitze nicht schon schlimm genug wäre ist mir dann beim letzten Zeltabbau auch noch die Zeltstange gebrochen – so kam es das der letzte Tag wieder besonders lang geworden ist, da ich bis nach Hause durchgezogen habe.
Andere Radreisende (soweit sichtbar)
Dieses Jahr habe ich an fast allen Tagen einige gesehen - erstaunlich wie ich finde.- Die Green Velo ist offenbar wirklich stark benutzt
- In Lettland waren einige zusehe die vermutlich eine der Eurovelos 10 oder 13 gefolgt sind
- Auch Finnland ein paar (wenige straßen ...) besonderes viele auf Åland, aber vielleicht einfach nur sichtbarer weil alle auf die Fähre warten mussten.
- Und auch an den anderen Stellen durchaus ein paar
Packliste
Im Prinzip wie immer. Außer:
- Diese Jahr 2x Ersatzschlauch da ich nicht weiß wie sich diese neue Hightech-Material flicken lässt
- Bisher nicht erwähnt aber erstmals gebraucht: Hydrocortison aus dem Erste Hilfe Set. Wirkt gut gegen den "Wolf" also wundscheuern.
- Reflektor-Schärpe, stand irgendwo als Empfehlung für die baltischen Straßen. Fand ich letztlich aber nicht unbedingt 'nötig'.
Ernährung
Siehe die Erläuterung der letzten Jahre.
Kleiner Unterschied: Es gibt in Polen (und dem Baltikum) kein Essen in Dosen. Stattdessen wird das äquivalent hier in Gläser abgefüllt – das muss man aber erstmal bemerken.
Statistik
bester | schlechtester | ||
Reisedauer | 14 Tage | ||
---|---|---|---|
Strecke | 3530 km | ||
pro Tag | 252 km | 328 km | 105 km |
Fahrzeit | 161:41 h | 15:49 h | 5:41 h |
Durchschnittsgeschwindigkeit | 20,7 km/h | 25,05 km/h | 19,82 km/h |
über Reisedauer | 10,5 km/h | ||
Max | 57 km/h | ||
Höhenmeter (Barometrisch) |
16.800m | 1853 m | 427 m |
Übernachtung | 1x Kabine, 12x Zelt | ||
Kosten | |||
Übernachtung | 170 € | 17 Zł ca. 4 € (bzw. die 2x kostenlosen) | 17 € (Kabine ignoriert) |
Essen/Einkauf | 440 € | ||
Sonstiges | 34 € |
P.s. die Tour de France 2018 hatte 3.350 km auf 23 Tage.