Mitternachtsonne
Aber was ist das dort in den Wolken und Nebel beim Blick aufs Nordpolarmeer Richtung Nordpol?
Nordkapp Globus Skulptur
Zielfoto

(Klick auf die Bilder für jeweils Original-Kamera-Auflösung)

Inhalt

Von Berlin zum Nordkapp mit dem Rad

Warum Nordkapp (ja, in Norwegen mit zwei p)? Na mehr nach Norden geht nicht! Der Äquator ist von Berlin zu weit, und zu viele „unsichere“ Länder dazwischen. Da kann man doch wenigstens mal zum nördlichen Polarkreis? Und dahinter gibt es ja nur noch das Nordkapp also dem, nach fehlerhaftem Allgemeinwissen, nördlichsten Punkt Europas. Falsch deshalb weil es auf der Insel Magerøya liegt. Und wenn man Insel zählen möchte ist z.b. Spitzbergen natürlich viel nördlicher. Was das Festland betrifft ist eigentlich Kinnarodden auf der Halbinsel Nordkinn weiter östlich am weitesten im Norden. Also sagen wir einfach es ist „beinah Festland“ - liegt ja dichte bei. Aber selbst dann stimmt es nicht! Den auf der Insel gibt es wenige km weiter westlich noch die Landzunge Knivskjellodden mit noch 1380 m mehr nördlich.
Wie uns das Nordkapp-Museum verrät ist die Ursache für diesen Irrtum natürlich der Name, den es von einem Seefahrer erhalten hat als er einen nördlichen Seeweg nach China sucht. In diesem Moment hat er die obigen Fakten nicht alle überprüft und der Felsen war ihm wohl markant genug für besagten Namen. In jedem Fall ist es das nördlichste Massen-Touristische Ziel Europas und das auch schon seit über 200 Jahren!
Ach ja und da ist ja noch die Sache mit der Sonne. Im folgendem werden die Tage trotzdem normal und nicht als Polartag gezählt.

Also: Deshalb Nordkapp. Nicht zu vergessen natürlich das es von Entfernung und Witterung eine Herausforderung ist.

Route

Aufgrund der zeitlichen Einschränkung auf maximal 3 Woche habe ich die beinah kürzeste gewählt, das es schließlich doch ziemlich schnell ging war ja nicht vorauszuahnen. Ab Rostock die Fähre nach Trelleborg dann wie mit dem Lineal durch Südschweden bis zur Ostseeküste. Dieser entlang der E4 folgend bis kurz vor Finnland und dann möglichst direkt nach Norwegen zum Schluss nur noch den Porsangerfjord rauf.
Gefahrene Strecke bei OSM, wie üblich mit GPS alle 60 Sekunden, grobe Fehler manuell korrigiert.

Alternativen:
  • Durch das schwedische Hinterland, also die E45. Fast genauso lang aber größere Abstände von Orten und somit Versorgungsmöglichkeiten.
  • Von Oslo nach Trondheim und dann die norwegische Küste entlang. Sehr viel länger und hügliger, im südlichen Teil auch viel Verkehr.
  • Nach Helsinki mit Fähre von Kiel oder gar durch Polen, Litauen, Lettland und Estland. Dann durch Finnland nach Norwegen. Auch sehr viel länger.
Karte Nordeuropa mit Route
Die Route in Blau. Blaue Markierungen sind Tagesstationen. Lila Markierungen: Polarkreis, Tunnel, Nordkapp.
In Gelb angedeutet grobe Orientierung für alternativ Routen.
Karte Copyright OpenStreetMaps

Reisebericht

Start am Samstag und nur bis Teterow, Rostock nur per Zug erreicht. Ein Schönheitsfehler hier, aber leider machte der Magen Probleme und erschwerte ein vorankommen und die Fähre war gebucht. Dazu gibt der Tag schon eine Eingewöhnung auf das Wetter: Es regnet den ganzen Tag leicht, der Wind kommt beständig aus Norden.

In der Nacht und im Schlaf bringt mich die Fähre nach Trelleborg, das gebuchte Frühstück muss ich fast nochmal bezahle und die Ankunft der Fähre gegen 5:45 gibt auch gleich die Schlafenszeiten für die nächsten 2 Wochen vor. Danach geht es gleich los mit Hügeln auf Nationalstraße 108 zum Glück ist es ja Sonntagmorgen. In den Orten gibt es doch wirklich Rad/Fußwege, obwohl der Abstand zwischen den Häusern schon gleich an ein Dorf denken lässt. Zum Mittag hin geht es runter von der Hauptstraße auf befestigten Waldwegen weiter. Aber halt! Das sind hier ganz normale Straßen die über große Waldflächen verteilten „Orte“ anbinden. Das wird in den nächsten Tagen noch öfter kommen. Die Wege sind aber meist so gut befestigt das sie sich besser fahren als so manche ländliche deutsche Asphaltstraße die nur noch ein Flickenteppich ist. Nach dem Wald gleich ein großer Bonus für Radfahrer in Schweden „Öppet alla dagar“. Am Abend erreiche ich Ljungby mit letzter Kraft. Es wird die letzte Nacht wo ich noch Dunkelheit erlebe.

Fähre nach Trelleborg
Ankunft in Trelleborg
Wiese mit Schotterstraße
Beispiel für befestigte Schotterwege (nicht chronologisch)

Am Montag geht es wie beabsichtigt bequem einen Flussverlauf hinauf fast bis zum Vättern (See). In Jönköping zeigen sich wieder die Radwege in vielfache Ausfertigung sogar mit lokalen Wegweisern und viel Platz. Hier scheint auch endlich die Sonne. Am See entlang gibt es aber erst mal kräftig Berge nur die Autobahn darf am Ufer bleiben. Am Abend fahre ich dann noch einem Gewitter entgegen so ganz wohl ist mir dabei nicht, ich erreiche Vadstena.

Vätternsee
Vätternsee bei Jönköping
Stadtbild Jönköping
Radwege in Jönköping

Der Dienstag ist endlich mal mehr Sonne als Regen, der aber nicht ausbleibt. Es geht über viele Hügel erst nach Örebro. Dann wendet sich der Weg nach Nordost in Richtung Ostseeküste es geht auf einer schon spürbar weniger befahrenen Nationalstraße sehr hügelig bis nach Fagersta. Mit 255 m ist damit vorerst der höchste Punkt überschritten.

Es geht wieder los: Dauerregen. Mit 50 km die erste große Entfernung zwischen zwei Orten, aber es gehen immer wieder Nebenstraßen zu Minidörfern ab. Der Wald wirkt endlos ach nein, da hinten ist ja doch noch Wald. Die schwedische 2+1 Straße beginnt zu nerven besonders wenn ein LKW überholt was hier gefühlt 80% des Verkehrs ist. Ich erreiche fast die Küste in der Nähe von Enåger. Heute nehme ich eine Hütte, eine tolle Erfindung! Ein Mittelding zwischen Ferienwohnung und Camping. Nach einem langen Gespräch mit einem Norweger (Norweger machen Urlaub in Schweden weil es hier weniger regnen soll …) prüfe ich noch das Rad und sehe das ich mir auf den letzten Kilometern noch einen Platten zugelegt hab. Zum Glück habe ich die Hütte!

Holzhütte
Hütte zur Übernachtung
Holzhütte Innenansicht
Blick ins Innenleben der Hütte

Nun beginnt die E4. Immer der E4 nach äh Norden folgen. Nur das man möglichst wenig auf der E4 selbst fahren möchte. Denn neben den komplett gesperrten Stücken ist sie 2+1 und hier muss der ganze Verkehr nach Norden lang. Daher weiche ich viel auf Nebenstraßen aus. Wenigstens gibt es Heute mal keinen Regen. Ich erreiche Ramvik und nehme wieder eine Hütte da das Zelt dank CampingCard genauso teuer wäre. Überhaupt sind Zelt die ja das Symbol für die Ausschilderung sind (Was übrigens toll und hilfreich ist) eine Seltenheit. Hier geht es zu 90% um Wohnwagen.

Freitag, ich entschließe mich die Högakusten Brücke nicht zu nehmen, auch wenn es erlaubt wäre stattdessen wieder Nebenstraßen, wegen dem Campingplatz hätte ich sowieso ein Stück zurückfahren müssen. Mir kommt heute zum ersten Mal ein Radler entgegen der scheinbar mit Reisegepäck ausgerüstet ist. Zum Mittag bin ich in Valhalla! Zumindest heißt der Ortsteil bei OpenStreetMaps so, hier gibt es ein Burgerlokal wo ich einen Kebabteller esse. Nach dem Mittag geht der Regen los, der bis zum nächsten Vormittag nicht mehr aufhört. Ich erreiche Norrmjöle die Wiese ist platsch Nass, jetzt kann das Zelt sich beweisen, auch ob ich überhaupt im Regen alles aufbauen kann. Mangels Laden esse ich trotzdem ein Eis.

Briefkästen
Wer das Dorf findet darf es behalten!

Am Morgen ist es kühl aber in der Sonne warm. Das zu wenige, nicht ganz freiwillige, Schlafen macht sich bemerkbar. Ich döse noch 1 Stunde an einer Bushaltestelle, der Bus kommt gleich 3x vorbei. Viel Strecke heute irgendwo auf einem Straßen-Waldweg wird es richtig schön und ich kann mein Zelt trocknen. Aus der Tasche fließt ein gefühlter Liter Wasser. An einer Sackgasse die nur 5 m vor der E4 an einem ca. 3 m Zaun endet versuche ich mein Glück im Wald. Ich habe keins - meine Schuhe bleiben im Schlamm stecken. Ich entschließe mich das Fahrrad über den Zaun zu heben und es auf der anderen Seite fallen zulassen. Kurz darauf ist ein Tor im Zaun. Manch einer mag Sagen ich hätte die Sackgasse doch einfach zurückfahren können, und ja das wäre leichter schneller und besser gewesen. Ich erreiche doch noch einen Campingplatz an der Ostsee der aber zu keinem Ort zu gehören scheint. Er liegt 15 km südlich von Jävre.
Lektion: Wenn die Schweden ein Schild aufstellen dann meine sie es auch so.

Zeltplatz an der Ostsee
Wald-Camping an der Ostsee

Sonntag, die Gegend wird merklich einsamer. Ich nehme mehr direkt die E4 da nur noch wenig Verkehr herrscht aber die Menge der überholenden Wohnwagen nimmt zu. Hier oben gibt es aber trotzdem einen ausgeschilderten Fernradweg der wohl die gesamte Ostseeküste rauf geht. Kurz bevor ich der E4 tschüss sage sehe ich das erste Rentier das gemütlich über die Ausfahrt läuft. Ich erreiche Överkalix (am Oberlauf des Kalixälven) und treffe dort einen ersten gleichgesinnten.

Rentier auf Straße
Rentier an der E4 Ausfahrt
Breiter fluß
So sieht ein Fluss aus wenn er nicht begradigt ist

Heute soll es mal etwas weniger sein. Ich überfahre den Polarkreis, trotzdem wirklich dunkel war es schon die ganze Zeit nicht mehr. Irgendwas mit der Brechung des Lichts in der Atmosphäre im Zelt geht ohne Augenklappe gar nix. Es ist sonnig bis 25 Grad, sofern man einen windgeschützten Ort findet. Aber Sobald man in den Schatten oder Wind kommt wird es gleich sehr viel Kälter. Der Polarkreis selbst ist auf der Nebenstraße nur ein geschlossener Schnapsladen. Nach 9 Tagen in Schweden erreiche ich mit Kolari Finnland. Mangels Aussicht auf Zeltplatz nehme ich wieder eine Hütte/Motel am nächsten Tag werde ich aber sehen das nur 10 km weiter einer gewesen wäre den meine App nicht kennt. Ich gehe noch zu dem nördlichsten Bahnhof den ich besucht habe, hier wird natürlich Holz verladen.

Polarkreis Skulptur
Polarkreis
Finnische Grenze
Finnische Grenze bei Kolari

Der Himmel ist wolkenfrei, kühl ist es trotzdem ich mach einen Sprung bis Norwegen - also raus aus der EU. Erstmals wieder ein besetztes Grenzhaus wenn auch nur für Zoll. Trotz 200 km passiere ich unterwegs nur 3 Orte, ein Vorgeschmack. An der Grenze zeigt sich die Tundra, jetzt ist Schluss mit dem endlosen Wald. Über die kaum bewachsene Ebene pfeift der kalte Nordwind. Auf dem Zeltplatz Kauteokeino treffe ich einen weiteren Radfahrer.

Tundra
Tundra
Norwegische Grenze
Grenzübergang nach Norwegen
2 Zelte
Radlertreffen im hohen Norden (Links mein Zettel, rechts jemand aus Göttingen)

Es ist kalt der Wind ist eisig und bläst stark aus Norden. Ich will nicht wissen wie jetzt noch Regen wäre. Zum Glück bleibt der die nächsten Tage fast aus. In Norwegen gibt es alle 10 km ein Schild mit der Entfernung, es werden etwa 12 bis zu dem was in Deutschland als Ort durchgeht. Doch dazwischen gibt es durchaus ein paar einzelne Häuser - etwas das bei uns wohl ein Gehöft wäre hier aber als Dorf gilt. Sogar ein Schild zur Zimmervermietung finde ich hier wo sonst eigentlich gar nichts zu sehen ist. Denn hier nur ein paar Meter (etwa 200) über dem Meer greift schon die Baumgrenze, es stehen überall nur Büsche und Sträucher. Ein Arsch, genauer gesagt meiner, muss jetzt ausbaden das der Kopf in den letzten Tagen zu viel Ehrgeiz hatte, das Sitzen im Sattel wird zu einem permanenten Schmerz. An einem Ort soll es Relikte der Sami geben, ich folge dem Weg und sehe nur Wald und ein Schild, wohl nur etwas für Archäologen. Gestern habe ich mich entschieden nicht über Alta zu fahren um weniger Weg zu verdoppeln dafür zähle ich 25 km mehr und bekomme 150 Höhenmeter weniger, also nur 370. Nach endlosen kahlen Hügeln erreiche ich den Nationalpark Stabbursdalen bei Lakslev.

Sami Skulptur
Andenken der Sami?
Tundra mit Bergen
Endlose weiten, zum Glück muss man nicht über die Berge drüber
Fjord
Stabbrusadlen Nationalpark und Porsjangerfjord ganz hinten ist Lakslev zu sehen. Die weißen Punke auf dem Gras sind die Rentiere.

Finale

Die Sonne bricht durch trotzdem bleibt es Kalt. Ich ziehe 4 Lagen an, mehr habe ich nicht dabei. Für die nächsten Tage wird das so weiter gehen. Später werden ich auch noch 2 Paar Handschuhe übereinander ziehen. An windgeschützten Stellen im Sonnenschein schwitzt man damit sofort aber zieht man es aus friert man 3 Meter weiter wieder. Die Temperatur Sprünge sind enorm. Ab Russens gibt es nur noch eine Route mit kommen einige wenige Radler entgegen, sogar eine Dreiköpfige Familie, das Kind so um die 12 Jahre. Ansonsten verkehren jede menge Wohnwagen und ähnliches, wobei eine Menge hier ein Fahrzeug alle 5 Minuten heißt. Die Straße den Fjord entlang ist kurvenreich und schlängelt sich an den Felsen und Steilen hängen, trotzdem finden sich weiter Häuser mitten im nichts.

Wegweiser Nordkapp
Kein Chance mehr abzubiegen
Nordkapp Straße
Häuser im nichts auf der Strecke.
Nordkapp Straße
Die Straße schlängelt sich an den Felsen entlang.

Am frühen Nachmittag erreiche ich das Tunnelportal. Jetzt habe ich keine Wahl mehr, ich muss es mit der langen Dunkelheit von Moria, äh dem Nordkapptunnel (6870 m, -212 m unterm Meer) aufnehmen. Es sind fast 40 Minuten bis zur anderen Seite. Für das Radeln ist der Tunnel das echte Highlight dieser Reise so was kann man mit dem Rad sonst wohl nicht (legal) erleben. Es geht erst 200 m steil runter aber man sieht es nicht, man kann es nur spüren. Unten sind es 9 Grad. Dann geht es wieder rauf, wieder sieht man es nicht man schwitzt nur wie Irre in den vielen Sachen.

Nordkapptunnel Südportal
Südliches Tunnelportal
Nordkapptunnel Südportal
Tunneldaten (Bild nach 2ter Durchfahrt)
Nordkapptunnel Nordportal
Nördliches Tunnelportal

Der Tunnel ist meist nur roher Fels wenige Stellen sind mit Spritzbeton verkleidet. Es ist feucht die Lampen geben ein schwaches gelbes Licht. Ich kann meinen Atmen sehen und es hallt wie verrückt. Wenn ein Fahrzeug kommt, hört man es lange vorher, es wird geradezu schmerzhaft laut. Aber die Straße ist gut und breit es gibt sogar eine Art Fußweg. Ich habe die Zeit ohne die vielen Busse erwischt so das ich eine ganze Zeit allein im Dunkeln bin. Etwa jeden km gibt es eine Nothaltestelle so das Pausen möglich wären. Irgendwo unten glaubt man an einen lahmen LKW aber es ist nur die Entlüftungsanlage. Ich kann nicht mehr, die 9% Steigung sind zu viel, dann kommt es das Licht am Ende des Tunnels. Jaaaa! Ein einmaliges Erlebnis, ich kann es nur weiterempfehlen.

Nordkapptunnel Inneres
Im Tunnel (Bild entstand bei 2ter Durchfahrt)

Es ist 14 Uhr noch 40 km denke ich, jetzt oder nie. Doch wer glaubt der Tunnel ist das schwerste der wird enttäuscht, jetzt wird es erst richtig heftig. Nach 130 km stehen jetzt gut 700 Höhenmeter an bei bis zu 9% auf einer absolut kahlen Fläche aus Moos, Grass und Geröll. Der Nordwind pfeift ungehindert über alle Ecken. Das ist keine Insel, das ist ein einziger großer Kletterfelsen. Erst geht es hoch auf 300 dann wieder runter auf 50, hier ist der letzte Abzweig. Jetzt kommt wirklich kein Haus mehr nur noch die Nordkapphallen in rund 15 km. Es geht wieder rauf auf 300 ein Parkplatz? Ja, aber der falsche es geht wellig weiter. Man sieht es - aber nochmal 50 hoch und runter, die wollen einen hier echt prüfen. Die letzten Meter Schlusssprint, ich weiß nicht wie aber ich beschleunige noch ein paar Meter auf 30 km/h. Dann stehe ich am Kartenschalter. Der Mann sagt ich darf umsonst, da ich doch mit dem Fahrrad aus Berlin komme. Noch weiter über den Schotter zum berühmten Globus es ist 18 Uhr, 2702 km in 13 Tagen. Ich falle vom Rad.

Felsige Einöde
Kahle Felslandschaft auf der Insel
Nordkapphallen
Wal, da bläst er! Blick auf die Nordkapp-Halle

Die Sonne scheint der Himmel ist fast wolkenlos und macht den Wind aus haltbar, alles sieht nach Mitternachtssonne aus. Aber das Wetter ist hier launisch, bis Mitternacht ist alles dicht - Chance vertan. Überhaupt bin ich zu früh, die Sonne steht so hoch wie zum Mittag an einem Deutschen Wintertag, von dem roten beinah Untergang ist sie hier noch gute 2 Wochen weg - es ist der Polartag. Ich bin nicht allein hier. Ich zähle insgesamt 6 Radler: ein Italiener, eine Schweizerin und 4 Deutsche. In den letzten und kommenden Tage sehe ich also insgesamt ca. 25 Radler davon 7 Frauen, 1 Kind und 1 Kinderanhänger. Fast alle mit denen ich ins Gespräch komme sind Deutsche oder Schweizer. Sind nur wir so verrückt? Aber nein! Ich höre noch von weiteren rund 5 Radler darunter angeblich auch Franzosen und Russen. Zu viert warten wir auf die Wolken und Reden. Ich bin der schnellste aber auch der mit dem wenigsten Gepäck. Bremsklötze hätte ich noch Einpacken sollen die sind gefährlich unten. Ab 10 Treffen immer mehr Busse und Leute ein. Aber das Wetter will nicht, wie sich später heraus stellt war unten im Tal beste Sicht. In Ermangelung der Sonne machen um Mitternacht die Damen aus Taiwan mit meinem Rad ein Bild, da es besonders Fotogen steht. Nicht das Nordkapp ist die Attraktion nur ich weil ich hier bin! Es wird 1 Uhr die Nordkapphallen schließt trotz 24h Sonne wird es kälter aber der Nebel sorgt für Windstille. Wir drei verbliebenen Radler schlagen unser Zelt kurz vor dem Kassenhaus auf. So endet die Tour.

3 Zelte
Wildcampen direkt am Nordkap-Felsen, hinten das "500 Meter zum Eingang" Schild. Links hinten: Rentiere.

Geruhsame Rückfahrt

Aber natürlich ist hier nicht zu Ende ich muss noch zurück bis Alta zum Flugzeug. Ich wache auf es ist wieder mal wolkig und 7 Grad aber zum Glück sind wir im Windschatten des Hügels. Etwa 20 Meter vom Zelt grasen 3 Rentiere. Wie halten die das hier nur die ganze Zeit aus? Heute ist Ruhetag ich will nur zurück rollen bis Honnigsvåg. Aber vorher noch auf zu einer kleinen Wanderung zum wirklich nördlichsten Punkt dem Knivskjellodden. Der Wanderweg oder besser Pfad sind 9 km je Richtung lang über viele Steine, Felsen und durch Morast. Das ganze bei 10 Grad und, wie üblich, eisigem Nordwind. Von wegen Ruhetag! Am nördlichsten Punkt drehe ich deshalb sofort wieder um und mache erst wieder an einer windgeschützten Stelle Pause.

Landzunge
Blick auf Knivskjellodden vom Nordkapp
Wanderweg
Beginn des Pfades, die Steinhügel sind die Wegmarkierungen
Wanderweg
Weg für durch den Morast
Schneefeld
Hier liegt Schnee trotz 24h Sonnenschein am Tag. Ihr könnt von Glück reden das man im Internet noch keine Temperaturen übertragen kann!
Steiniger Weg
Nein das sind nicht nur Felsen, irgendwo hier führt der Pfad lang.
Scheinbar sucht sich jeder Wanderer seinen eigenen Weg überall gibt es Trittspuren.
Blick auf Nordkapp Felsen
Blick auf den Nordkapp-Felsen vom nördlichsten Punkt

Ich warte bis das Sportgeschäft in Honnigsvåg öffnet, ob sie meine Bremsenklötze haben - aber natürlich nicht. Also mit den schlechten Bremsen weiter (wie sich in Deutschland raus stellt waren es nicht die Bremsklötze, sondern mangelnde Hydraulikflüssigkeit). Zum ersten Mal in meinem Radler leben freue ich mich über Gegenwind. Den der bremst mich auch auf den steilsten Abfahrten. Er hat auf West gedreht und ich kann teilweise 100m steil runter rauschen ohne die Bremsen zu brauchen. Ich teile die letzten 240 km und gut 2000 Höhenmeter bis Alta in 2 Tage. Natürlich nochmal mit Fahrt durch den Tunnel yeah!

Honnigsvåg Stadtmitte
Impression aus dem Stadtzentrum von Honnigsvåg

Noch ein Tag Aufenthalt in Alta dann geht es zurück mit dem Flugzeug am Flughafen sagt der Zähler 3003 km. Ich sitze im Flieger wo ich das hier schreibe Tag 18. Berlin - Nordkapp mit dem Fahrrad jetzt ist es wirklich vorbei.

Flughafen Alta
Flughafen Alta, das Fahrrad muss in die Pappkiste.
Genauer gesagt in die Tasche die sich in der Kiste befindet.
Das Paket mittels "Post Restante" gesendet die Poststelle musst etwas suchen, aber es hat offenbar geklappt!

Packliste

  • Fahrrad VSF TX400 mit Rohloff Speedhub
    • Taschen hinten
    • Rahmen Tasche mit Handyhalterung
    • Ortlieb Drybag 13 Liter (für Zelt vorne)
    • 2 x Spanngurte
  • Zelt Vaude Tokee Ultralight
  • Schlafsack Carinthia Airpack Ultra
  • Isomate Exped Down Mate Licht
  • Kopfkissen zum ausstopfen
  • 2 T-Shirts (1x als Pyjama)
  • Kurze Hose für die Nacht
  • Pullover
  • Zipoff Hose
  • Paar Radschuhe mit Cleats
  • 2x Radunterhosen
  • 2x Paar Socken
  • 2x Taschentücher
  • 2x Buff (dünn und dick) auch bekannt als "Schlauchtuch"
  • Unterhose
  • Unterhemd
  • Fahrradhandschuhe
  • Handschuhe
  • Regenhose (hilft auch etwas gegen Wind)
  • Regenjacke
  • Regenschuhüberzieher
  • Aldi-Tüte für Regensachen und Transport innerhalb der Campingplätze
  • Sport Handtuch
  • Helm (Pflicht in Finnland)
  • Waschtasche
    • Ilon Protect Salbe
    • Wasserentkeimungstabletten (2 benutzt)
    • Voltaren Schmerzgel
    • Multivitamin Tabletten
    • Antiinsekten Spray
    • Spork (Löffel und Gabel)
    • Klopapier
  • Moskitonetz für Kopf
  • Erste Hilfe Set
  • 3x Flasche am Rad
  • 1x Flasche in Tasche (nicht wirklich benötigt, zu kalt zum Schwitzen)
  • Dokumentenbeutel, Stift
  • Smartphone Samsung Xcover 3
  • Ladegerät, Ersatz USB Kabel
  • Kopfhörer
  • Solarlader + Lampe (WakaWaka Power)
  • Pulsmesser
  • Werkzeugbeutel mit Nothilfe Zeugs
    • Multitool
    • Zange
    • Messer
    • Ersatzschlauch
    • Flickzeug
    • Gewebeklebeband
    • Öl
    • Inbus für Pedalen (zum Abnehmen beim Flug)
    • Luftpumpe
  • Dextro Getränkepulver (In Schweden mit Äquivalentem aufgefüllt)
  • After Training Pulver (1 Erdnussdose voll)
  • 12x Seitenbacher Energiebomben (schnell verbraucht)
  • 12x Seitenbacher Proteinriegel
  • 2x Powerbar als Notreserve (nicht benutzt)
  • 2x Gel als Notreserve
Gepäckübersicht
Gepäck.
Der Lange Beutel ist das Zelt, der Schwarze der Schlafsack und der graue die Isomatte.
Die 2 kleinen Beutel ins Regenhose+Jacke.
Die blaue Rolle ist das Handtuch.

Ernährung

Hauptsächlich aus Dosen. Die Schweden habe eine angnehme Dosengröße von 560g, nicht zu wenig aber auch nicht zu viel für eine Mahlzeit. Besonders der Kartoffelbrei mit Speck ist toll. Meist morgens und abends eine Dose dazu Brötchen, Banane und etwas Süßes. Öfter auch kalt, wenn der Platz unzureichend ausgestattet ist. Über den Tag Äpfel und Erdnüsse sowie Brötchenrest. Zum Mittag öfter mal ein Imbiss. Am Nachmittag noch wenn möglich ein Eis. In den ersten Tagen das ganze noch ergänzt um die Riegel. Im Wasser das Getränkepulver, am Abend ein Regenerationsdrink dazu Trink-Joghurt oder Milch.

Dose
Dosenfutter - super lecker!

2+1 Straßen

Was sich die Schweden dabei wohl gedacht haben? Die Straße hat 3 Spuren die 3te wechselt alle 3 bis 5 km die Seite. Dazwischen ist ein Drahtseil gespannt, öfters auch Rechts und Links. Das Problem: bei nur einer Spur kann ein Fahrrad natürlich nicht ordentlich überholt werden, besonders von LKWs. Also zwängt sich der Radfahrer auf den Platz neben der äußeren Begrenzung der zwischen 5 und 30 cm breit ist. Die Linie selbst hat so ein Rütteleffekt, kann also nicht befahren werden.
Wikipedia Infos, offenbar gibt es das auch bei uns :/.

2+1 Straße
Beispiel für 2+1, hier sogar mit Luxoriös breitem Randstreifen

Statistik

Bis NordkappGesamt
Reisedauer13 Tage18 Tage
Strecke2702 km3003 km
 je Tag207 km
Fahrzeit135 h152 h
Durchschnittsgeschwindigkeit19,9 km/h19,6 km/h
 über Reisedauer8,6 km/h
Höhenmeter
(Barometrisch)
16.72219.824
Puls Durchschnitt122
Kcal (laut Pulsuhr)75.000
Übernachtungen1x Kabine, 10x Zelt, 1x Zelt Wild,
3x Hütte, 2x Hotel
Kosten
 Übernachtung
 (davon 230 für Hotel Alta)
700 €
 Einkäufe + Imbiss500 €
 Sonstiges200 €
 Flug
 (teurer wegen nachträglicher Umbuchung)
500 €

Weitere Bilder in Chronologischer Reihenfolge

Vätternsee
Vätternsee am Morgen bei Vadstena
Fabrik
Ob der mit dem guten Alfred verwandt ist? Werden hier die Nobelpreise gebaut?
Ostseestrand
Ostsee Strand
Sundsvall
Sundsvall von der Brücke aus.
Ikea
Über 1000km Schweden, und erst jetzt ein IKEA?!?
Wald
Endloser Wald ...
Kahlschlag
... oder auch nicht, den beim Holzeinschlag sind die Schweden nicht zimperlich
Einsame Straße im Wald
Herrliches Wetter und Ruhe auf den Nebenstraßen 3 Autos während einer Stunde pause.
Radwegweißer
Radweg-Beschilderung auch im hohen Norden jenseits Umeå
Elchgericht
Zumindest einen Elch habe ich gesehen: ein angeblich typisch finnisches Essen
Motel Finnland
Hütte/Motel in Kolari: In Finnland natürlich immer mit eingebauter Sauna
Kolari Bahnhof
Bahnhof von Kolari, viel nördlicher kommt man mit der Bahn nicht.
Angler
Kein Stein im Wasser, nein ein Angler. Bei Lufttemperaturen um 10 Grad.
Rentiere beim weiden
Straße, Weide, Radweg.
Verkehrschilder für Snowmobile
Hoch im Norden finden sich immer wieder Beschilderungen und Wege nur für Snowmobile
Badestelle
Eine bildhübsche Badestelle oder?
Sami Zelt
Gleich hinter der Norwegischen Grenze: Sami-Andenken zum kaufen.
Zelt Innenansicht
So sieht es aus wenn man in einem Ultra-Light Zelt liegt
Tundralandschaft
Die Bäume sind kaum mehr als Büsche hier in der Tundra ...
Tundralandschaft
... aber auch hier sind sie vor der Zivilisation nicht sicher.
Wasserflugzeug im See
So reisen die einheimischen
40_lakslev.jpg
Lakslev aus südlicher Richtung, der Porsangerfjord dahinter.
42_porsangerfjord.jpg
Blick auf östliche Seite des Porsangerfjords
44_fischer.jpg
Fischerei ist wohl das letzte was hier Betrieben werden kann
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Weitere Kahle Landschaft auf Magerøya
51_rentier3.jpg
Was die Rentiere hier noch fressen?
52_klippen.jpg
Die Insel ist einziger Felsbrocken
63_nordpolarmeer.jpg
Da ich das Fahrrad nicht zum nördlichsten Punkt mitnehmen konnte
um das obligatorische "am Meer" Foto zu machen. Hier zumindest der Ersatz: der nördlichste Punkt den
der Fahrradcomputer je erreicht hat, im Hintergrund das Nordpolarmeer oder Eismeer oder Barentsee.
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Parkplatz mit dem oben erwähnten Wanderweg. Ja das Fahrrad stand 5 Stunden einfach nur so dort rum.
Ein schloss braucht man in dieser Gegend eigentlich nicht.
65_malerisch.jpg
Blick auf Südost auf den Nordkapp-Felsen, glaub ich zumindest.
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Klassische Hütten der Sami
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Für Leckermäuler gibt es in Schweden und Norwegen diese Candybars in den Supermärkten.
Einfach aussuchen und nach kg Zahlen. Aber aufpassen das man unter einen Kilo bleibt!
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In Norwegen wird alles getrocknet, so hier der Fisch.
Wie das im Regen geht?
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Natürliches Flußbett auf dem Rückweg nach Alta
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Moderne Architektur in Alta
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Steinzeitliche Felsritzungen in Alta.
Die Farbe ist nicht Original sie wurde in den 70er für Touristen eingebracht, heute will man sie entfernen.
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So sehen die Ritzungen in echt aus, vor 3000-4000 Jahren leuchten die firschen Kratzer wohl deutlicher im Fels.
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Blick über Alta von Süden aus.
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Der Altafjord